"Ich höre und ich vergesse, ich sehe und ich erinnere mich, ich mache und ich verstehe" – Konfuzius
Die diesjährige von der JAI organisierte Journey for Justice, welche vom 29. Juli bis zum 6. August 2017 stattfand, brachte 25 interessierte Teilnehmende aus Schweden, Dänemark, Norwegen, Deutschland, den Niederlanden, Kanada, Argentinien, der Schweiz und Palästina zusammen.
Die Teilnehmenden reisten während einer Woche durch Palästina und lernte so den Konflikt und den palästinensischen Alltag unter der israelischen Besatzung kennen. So schockiert viele Teilnehmende über die Diskriminierung und die Verletzungen der Menschenrechte der Palästinenser waren, so beeindruckt waren sie doch auch von deren Resilienz, deren aktivem und kreativem friedlichen Widerstand gegen die Besatzung.
Das Programm der Woche war sehr vielseitig und beinhaltete neben dem Besuch der wichtigsten Sehenswürdigkeiten auch informative Präsentationen über die Arbeit zahlreicher NGOs, die sich in und für Palästina engagieren. Die Woche begann mit einer geopolitischen Präsentation über den israelisch-palästinensischen Konflikt. Diese sollte den Teilnehmenden eine angemessene Kontextualisierung der Erlebnisse der darauffolgenden Tage ermöglichen. Es folgten Präsentationen zur Olivenbaum Kampagne der JAI sowie zu Kairos Palästina. Ziel der Olivenbaum Kampagne ist es, palästinensisches Land durch die Kultivierung von Olivenbäumen, die von Ausländern gespendet werden, vor der Konfiskation durch Israel zu schützen. Kairos Palästina setzt sich für ein friedliches Ende der Besatzung und eine gerechte Lösung des Konflikts ein. Während der Woche wurden die Teilnehmenden zudem in die wichtige Arbeit der YWCAs in Jericho und Ramallah, die sich für die soziale, wirtschaftliche und politische Ermächtigung von Frauen engagieren, sowie des YMCA "Rehabilitation Program and Trauma Counselling" eingeführt. Den Teilnehmenden wurde auch die BDS Bewegung (dt. Boykott – Desinvestition – Sanktionen gegen Israel bis zum Ende von Apartheid und Besatzung in Palästina) vorgestellt. Sie besuchten das Badil Centre, welches sich für die Rechte palästinensischer Flüchtlinge und Binnenvertriebener einsetzt, nahmen an einer durch das ICAHD (Israeli Committee Against House Demolition, dt. Israelisches Komitee gegen die Demolierung von Häusern) geführten Tour Ostjerusalems teil und wurden vom Hebron Rehabilitation Committee über die Situation in der Altstadt Hebrons aufgeklärt.
Diese Theorieteile waren eingebettet in politische Touren und andere praktische Aktivitäten, welche ein ganzheitliches Verständnis der Besatzung und deren negativen Folgen für den palästinensischen Alltag förderten. So wurde den Teilnehmenden in Bethlehem nicht nur die Geburtskirche gezeigt, sondern auch die Mauer, israelische Siedlungen und die Umgehungsstrassen, die Palästinenser nicht benutzen dürfen. In Bethlehem besuchten die Teilnehmenden auch das Naturkundemuseum, wo dessen Gründer, Professor Qumsiyeh, über die (umwelt-)politischen Aspekte der Besatzung und des Konflikts referierte, sowie die Universität Bethlehem. An der Universität Bethlehem trafen die Teilnehmenden eine Gruppe Studierender, die über ihre Erfahrungen, in einem Konfliktgebiet zu studieren, erzählten. Die Studierenden betonten die Wichtigkeit der Universität als eine "Oase des Friedens und der Sicherheit". In Jericho wanderten die Teilnehmenden auf den Berg der Versuchung, badeten ihre Füsse an der Stelle im Jordan, an der Jesus getauft worden sein soll, und besuchten den Baum des Zachäus. Besonders beeindruckend war die Tour nach Jerusalem, für welche die Teilnehmenden den notorischen Checkpoint 300 passieren mussten. In Jerusalem besuchten sie die Altstadt, den Tempelberg mit der Al-Aksa Moschee und dem Felsendom sowie die Grabeskirche. In Hebron, dem ökonomischen Zentrum des Westjordanlands, besuchte die Gruppe zunächst eine Glas- und Keramikfabrik bevor sie vom Hebron Rehabilitation Committee durch die Überbleibsel einer einst lebendigen Altstadt geführt wurden. Sie besuchten den ausgestorbenen Markt, die Shuhada Strasse, die für Palästinenser geschlossen ist, die Checkpoints und die Ibrahimi Moschee. Zu den weiteren Highlights der Woche zählten das Aushelfen auf einem von Konfiskation bedrohten Feld, wo die Teilnehmenden Tomaten und Peperoni ernteten, sowie der Besuch des Aida Flüchtlingslagers in Bethlehem, wo die israelische Armee nur Minuten zuvor eine Razzia durchführte. Am letzten Tag der Journey for Justice besuchten die Teilnehmenden Ramallah und das Dorf Bil'in, das international für seinen kreativen und anhaltenden Widerstand gegen die israelische Besatzung bekannt ist.
Die Journey for Justice half den internationalen Teilnehmern ein besseres Verständnis für die aktuelle Situation in Palästina, die israelische Besatzung und den Konflikt zu entwickeln. Durch fruchtvolle Gespräche und aufmerksame Fragen lernten sie nicht nur die politischen und rechtlichen Aspekte der Besatzung besser kennen, sondern erfuhren auch mehr über die persönlichen Schicksale von Palästinensern und was es konkret heisst, konstant diskriminiert und in seinen Menschenrechten verletzt zu werden. Die internationalen Teilnehmenden war dankbar für die Gastfreundschaft und die Warmherzigkeit der Palästinenser und tief beeindruckt von deren anhaltenden Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden und auf Gerechtigkeit für ihr Volk trotz der Omnipräsenz des Konflikts.
Gedanken der Teilnehmenden über die Resilienz der Palästinenser und deren Engagement und Aktivismus für Frieden und Gerechtigkeit:
Loubna aus den Niederlanden: "Trotz aller Ungerechtigkeiten, die den Palästinensern wiederfahren sind, bleiben sie ein warmherziges Volk. Ich hoffe, noch mehr über dieses Volk zu lernen und bald wieder nach Palästina zurückzukehren, um die Menschen zu besuchen, die ich diesen Sommer getroffen habe."
Fulla, eine palästinensische Teilnehmerin reflektierte: "Die Siedlungen sind eine konstante Erinnerung daran, dass wir noch immer ein besetztes Land sind. Wir haben so lange gekämpft und sind doch keinen Schritt weitergekommen. Dennoch müssen wir aktiv bleiben. Durch die vielen Checkpoints und die Mauer wurde Palästina zu einem Freiluftgefängnis. Ich versuche optimistisch zu bleiben. Allerdings habe ich zurzeit keine Hoffnung auf eine baldige Besserung."
Nach dem Referat von Professor Qumsiyeh in Bethlehems naturhistorischem Museum zeigte sich Siv aus Dänemark tief beeindruckt vom politischen Aktivismus des Professors wie auch aller anderer Palästinenser, welche sie im Verlaufe der Journey for Justice getroffen hat.
Hassan, ein Medizinstudent aus Palästina, hat wenig Hoffnungen für die Zukunft. Er vergleicht die Situation in Palästina mit jener eines Krebspatienten und sagt, "die stetig wachsenden und sich ausdehnenden Siedlungen verbreiten sich wie Metastasen im Körper Palästinas. Leider ist der Patient Palästina im Endstadion seiner langen und schweren Krankheit."
Esteban, ein Teilnehmer aus Argentinien, stimmt Hassan zu und zeigt sich schockiert über die psychologische Unterdrückung der Palästinenser durch die Israelis. Er führt aus, "wo immer man hinsieht, ist die Ungerechtigkeit. Das Ausmaß und die Härte der Massnahmen Israels zur Unterdrückung der Palästinenser, wie etwa die Siedlungen, die Umgehungsstraßen und das Bewilligungsregime, sind schlicht abscheulich."
Kaspar, ein Teilnehmer aus Dänemark, kontrastiert sein Leben in Skandinavien mit jenem der Palästinenser. Er meint, "wo immer man in Skandinavien hingeht, ist man sicher. Im Gegensatz dazu hat man hier in Palästina weder die Freiheit überall hinzugehen wo man will, noch hat man den Luxus sich je sicher zu fühlen."